shopping-urlaub? nein, danke!

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Carla Wagener kauft nicht ein
Die Kollegin aus dem Nachbarbüro erzählt mir mit leuchtenden Augen, dass sie ein Megaschnäppchen gemacht hat und demnächst einen dieser 3-Tage-Shopping-Kurztrips unternimmt. Ich habe vor Schreck vergessen, wohin.

shopping_klFür mich sind sie der blanke Horror, diese Kurzurlaube wie „Zum Weihnachtsshopping nach New York” oder „Shoppen bis zum Umfallen in Dubai” und ähnliche Angebote. Einkaufen und Urlaub, das sind für mich unvereinbare Gegensätze. Schon der Erwerb passender Souvenirs für die Lieben zu Hause bereitet mir jedes Mal Stress, und dann soll ich einen ganzen Urlaub – mag er noch so kurz sein – mit Einkaufen verbringen?

Wenn ich mir das schon vorstelle: mehrere Stunden Flug, dann schnell ins Hotel, die vorsorglich mitgenommenen leeren Koffer und Taschen für den Rücktransport der Beute abladen, Wanderschuhe an (wie anders soll ich das stundenlange Gelatsche über Asphalt durchstehen?) und dann ab ins Taxi oder in die U-Bahn zur Shopping-Meile. Oder? So läuft das doch?

Es geht ja schon mit der Ur-Frage los: Was ziehe ich an? Zum Einkaufen, meine ich. Am liebsten was Bequemes, was sich schnell aus- und wieder anziehen lässt, damit man nicht zu viel der kostbaren Zeit in der Umkleidekabine vergeudet. Überhaupt Umkleidekabinen, diese Orte psychischer Folter! Grellhelles Neonlicht, das jede körperliche Unvorteilhaftigkeit unbarmherzig ausleuchtet und dem eigentlich frischen Teint dieses Krankhaft-Käsige verleiht. Rundum-Spiegel, die mir auch die allerletzte Illusion hinsichtlich meiner Rückansicht rauben. Chronische Überhitzung, sodass schon das Ausziehen zum Saunagang wird, vom Anziehen mal ganz abgesehen!

Wo war ich? Beim Anziehen. Also, möglichst bequem sollte der Shopping-Kampfanzug doch sein, aber allzu schlabberig darf ich natürlich auf der 5th Avenue auch nicht auftauchen, sonst muss ich draußen bleiben, bei Tiffany & Co. Also doch stundenlang im Kostümchen rumstöckeln, damit ich im Edelshop nicht ignoriert werde? Das führt gleich zur nächsten Frage: Was soll ich mir in New York oder Dubai eigentlich kaufen? Ich habe zwar selbstredend wie jede Frau überhaupt nichts anzuziehen, aber wo soll ich mit dem Edelfummel aus den Metropolen dieser Welt dann bitteschön hinterher auflaufen? Bei der nächsten Firmenfeier? Da denkt mein Chef doch bestimmt, dass die letzte Gehaltserhöhung wohl zu üppig ausgefallen ist. Oder die Kollegin aus der Beschaffung – schon berufsbedingt ein Shopping-Profi – versorgt mich ungefragt mit Tipps, wie ich beim nächsten Mal noch mehr raushole.

Ich will aber gar nichts rausholen! Ich will mich nur erholen.

Erschienen in: CWT Connect Magazine, Ausgabe 01-2012

Illustration: Matthias Seifert

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