Ich bin ja bisher hauptsächlich in der direkten Umgebung von Heidelberg unterwegs gewesen – schließlich gibt es da genug zu entdecken, und der Wald liegt so bequem vor der Haustür. Doch gestern wollten wir mal mit einer Tageswanderung ein bisschen tiefer in den Odenwald rein.
Wir starteten in Heiligkreuzsteinach, das zwar nur eine halbe Autostunde von Heidelberg entfernt ist, sich aber schon ziemlich weit weg anfühlt. Von dort gingen wir nach Norden oberhalb des Eiterbachtals durch den Wald bis nach Lichtenklingen.
Lichtenklingen besteht aus einem Hofgebäude und einer Kapellenruine, die enorm malerisch mitten im Wald liegen. An Mariä Himmelfahrt Mitte August findet hierher eine Wallfahrt statt. Man vermutet, dass Mönche aus dem Kloster Lorsch im 13. Jahrhundert über einem ehemaligen keltischen Quellheiligtum eine Kapelle errichteten und das umliegende Land bewirtschafteten. Ab dem 16. Jahrhundert verfiel die Kapelle, der danebenliegende Hof blieb jedoch in Betrieb.
Die aufgestellte Infotafel berichtet von Legenden und geheimnisvollen Geschichten, die sich um den Ort ranken: So soll die Muttergottesfigur, die Dorfbewohner aus der verwaisten Kapelle geholt und nach Unter-Abtsteinach geholt hatten, dreimal wieder in den Wald zurückgekehrt und erst beim vierten Mal an ihrer neuen Stätte geblieben sein. Später hatten sich Lindenfelser Bürger nach einem Feuer Baumaterial als der verfallenen Kapelle geholt, um ihre Häuser wieder aufzubauen. Doch die Steine sollen ihnen Unglück gebracht haben: Ihr Vieh wurde krank, und bei der Kapelle soll es gespukt haben.
Ganz schön gruselig! Selbst bei strahlendem Sonnenschein hat der Ort etwas Magisches. Der Keltenbrunnen mit seinen heidnischen Symbolen wurde vermutlich zwischen 1800 und 1830 errichtet und wird aus der heiligen Quelle unter der Kapellenruine gespeist.
Das ehemalige Hofgut wurde Mitte des 19. Jahrhunderts aufgegeben und abgerissen. Das noch bestehende Gebäude wurde um 1840 gebaut und diente bis 1901 als Forsthaus. Heute ist es vor allem Heimat für Spinnen :-).
Wir konnten uns gar nicht so recht losreißen von diesem besonderen Platz im Wald. Dann weckte ein seltsamer Kasten unser Interesse:
Ein Insektenhotel! Was es nicht alles gibt. Es sah irgendwie gemütlich aus, mit Liebe zum Detail ausgestattet. Leider fehlte hier die Infotafel für biologisch Unterbelichtete wie mich. Ich hätte gern gewusst, welche Insekten da einchecken, ob sie Tagungen abhalten, oder eher zu Wellnesszwecken residieren. Und den Speisesaal konnte ich auch nicht finden. Interessant fand ich auch die drei Klingeln, die daran angebracht sind. Bestimmt sind die für den Zimmerservice.
Spaß beiseite: Wir rissen uns dann doch irgendwann von ollen Steinen und dem Insektendomizil los und strebten der nächsten Versorgungsstation entgegen, da uns inzwischen der Magen knurrte. Gestärkt wanderten wir wieder zurück Richtung Heiligkreuzsteinach, dieses Mal auf der westlichen Seite des Eiterbachtals, nicht minder schön durch den Wald. Der Name des Baches hat übrigens nichts mit der etwas ekligen Körperflüssigkeit zu tun, sondern ist keltischen Ursprungs: Euteraha heißt Lebensfluss.
Das war eine wunderbare Sommerwanderung im schattigen Wald mit Kultur, Natur und deftiger Verpflegung auf der Stiefelhütte.
Info: Wanderung von Heiligkreuzsteinach nach Norden entlang des Eiterbachtals (Markierung H3) bis zum Lichtenklinger Hof. Von dort zur Stiefelhütte, und von hier aus wieder auf dem Weg H3 zurück nach Heiligkreuzsteinach. Ca. 16 Kilometer. Hier habe ich die Strecke auf gpsies.com angelegt:
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